Berlin, 28. Mai 2019 – „Selbstverwaltung stärken“ – das möchte die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag. Doch Prof. Dr. Gregor Thüsing stellte zur Debatte, was viele der am vergangenen Montag zum Symposium der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung (GVG) nach Berlin eingeladenen Praktiker und Theoretiker der Sozialen Selbstverwaltung vermuten: einen „Generalangriff der Politik“ auf die Unabhängigkeit und den Gestaltungsspielraum dieser Institution. Prof. Dr. Thüsing, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der GVG, bescheinigte der sozialen Selbstverwaltung zwar, “ein Stabilitätsfaktor für den Sozialstaat Deutschland zu sein – aber leider ein kaum bekannter“: „Wenn ich meine Studenten frage, was genau die Soziale Selbstverwaltung ist, ernte ich oft nur Schweigen“.
Referenten und die Teilnehmer des Symposiums waren sich weitgehend einig: Gesetzesänderungen in letzter Minute und Kontrolltendenzen aus der Politik machen der Selbstverwaltung zu schaffen, aber: „Auch einige der Akteure verstehen sich mittlerweile mehr als Wirtschaftsunternehmen statt als Teile der Selbstverwaltung“, bemerkte einer der Teilnehmer.
Nicht nur den eigenen Vertretern, auch den Bürgern müsse deren „großes Beratungs- und Serviceangebot – und damit ihre große Relevanz neu nahegebracht werden“, betonte Prof. Dr. Heinz-Dietrich Steinmeyer von der Universität Münster: „Wir sollten auf die Menschen hören, darüber reden, welche Vorteile sie aus der Selbstverwaltung ziehen!“
Prof. Dr. Dr. Eberhard Eichenhofer, Ko-Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der GVG, empfahl, „Politik und soziale Selbstverwaltung zusammen zu denken“. Die Politik könne in die Selbstverwaltung hineinwirken. Detailfragen, z.B. zu Behandlungsmethoden etc., seien Sache der Selbstverwaltung: „Wenn die Politik für nichts, was in der Sozialversicherung konkret geschieht, unmittelbar verantwortlich ist, sollte sie auch nicht für alles zuständig sein wollen.“
Die GVG selbst ist aus der der sozialen Selbstverwaltung hervorgegangen. Zu ihren Mitgliedern zählen gesetzliche Sozialversicherungen, die privaten Kranken-, Pflege- und Lebensversicherungen, berufsständische und betriebliche Einrichtungen der Alterssicherung, Leistungserbringer im Gesundheitswesen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sowie Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft und weiterer gesellschaftlich relevanter Institutionen.
Pressemitteilung 04/2019 PDF, 472 kB
Das Wichtigste aus der Veranstaltung
Über die GVG
Die Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V. (GVG) repräsentiert seit 1947 das System der sozialen Sicherung in Deutschland. Wesentliche Akteure aus dem Bereich der sozialen Sicherung haben sich hier zusammengeschlossen, um gemeinsam zu aktuellen Themen des Sozialschutzes und der Gesundheitsversorgung zu arbeiten. Die GVG stellt damit eine einmalige Plattform für den konsensorientierten Austausch im Bereich der sozialen Sicherung dar und leistet einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung des Schutzes vor zentralen Lebensrisiken. Ziel der gemeinsamen Arbeit ist es, das System der sozialen Sicherung in Deutschland selbstverwaltet, dezentral und eigenverantwortlich mitzugestalten und eine Weiterentwicklung der sozialen Sicherheit in Theorie und Praxis zu ermöglichen.
Kontakt:
Joachim Nöhre
Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V. (GVG)
Reinhardtstraße 34, 10117 Berlin
Tel.: +49 (0)30 8561123-32; Fax: +49 (0)30 8561123-22
E-Mail: j.noehre@gvg.org
www.gvg.org