Moderation
Prof. Dr. Gregor Thüsing, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der GVG
Videomitschnitte aller Beiträge und der Podiumsdiskussion
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Die Zahl der über 65-Jährigen wird in den nächsten Jahren deutlich steigen und die Rentenversicherung verstärkt unter Druck geraten. So bleibt es eine der drängendsten sozialpolitischen Herausforderungen, die unter den Vorzeichen des demographischen Wandels eine verlässliche Altersvorsorge sicherzustellen. Rufe nach weitergehenden Reformen werden lauter. Doch noch besteht wenig Einigkeit, wie das deutsche Alterssicherungssystem langfristig weiterentwickelt werden soll.
Was bedeutet die demographische Entwicklung für die gesetzliche Rentenversicherung? Welchen Beitrag können betriebliche und private Vorsorge leisten? Und wie sind vor diesem Hintergrund die jüngsten Empfehlungen der Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ zu bewerten?
Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und sozialer Selbstverwaltung erörterten diese Fragen im Rahmen eines Online-Symposiums. Dazu eingeladen hatten der Wissenschaftliche Beirat und der Ständige Ausschuss Alterssicherung der GVG.
Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund/ Vorstandsvorsitzende der GVG e.V.
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Die gesetzliche Rentenversicherung ist durch das Umlageverfahren zukunftsfest. Die demographisch bedingten Belastungen müssen ausgewogen auf Beitragszahler, Rentenbezieher und Steuerzahler aufgeteilt werden.
Die Vorschläge der Rentenkommission sind eine gute Basis für eine nachhaltige Sicherung der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Gestaltung der Alterssicherung ist jedoch eine Herausforderung, die nicht einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern und Politikern überlassen werden kann. Stattdessen setzt sie eine breite gesellschaftliche Diskussion und einen möglichst großen Konsens aller Akteure voraus.
Bei der einvernehmlichen Gestaltung einer zukunftsfähigen, demographiefesten Alterssicherung sind alle in der GVG organisierten Institutionen und Stimmen der sozialen Selbstverwaltung, der Sozialpartner und Säulen der Alterssicherung gefordert.
Generationengerechtigkeit als Leitbild der Alterssicherung?
Prof. Dr. Gerhard Bäcker, Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ)
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Typische Argumentationsmuster in der wissenschaftlichen und politischen Debatte sind:
Wie kann „Generationengerechtigkeit“ hergestellt werden?
Ein „objektives, generationengerechtes“ Maß gibt es nicht. Die Abgrenzung nach Altersgruppen ist zu einseitig, ein umfassender Blickwinkel sollte einbeziehen:
Ein Anspruch auf Gleichbehandlung über die Zeit hinweg würde jede Veränderung ausschließen, sei es im Steuerrecht, in der Arbeitsmarktpolitik oder in der Sozialversicherung. Das gilt nicht nur für umlagefinanzierte Sicherungssysteme, sondern gleichermaßen für kapitalmarktabhängige Systeme.
Die Rentenversicherung und die zukünftige demografische Entwicklung
Prof. Dr. Martin Werding, Ruhr-Universität Bochum
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Das Umlageverfahren macht die Rentenfinanzen
Wohnbevölkerung und Altersstruktur
Entwicklung der Rentenfinanzen / Sicherungsniveau und Beitragssatz
Die gesetzliche Rentenversicherung ist vom Alterungsprozess unmittelbar betroffen. Günstige Entwicklungen von Demographie und Arbeitsmarkt können die finanzielle Anspannung mildern. Ohne Reformen des Rentensystems lässt sich die demographische Alterung aber nicht bewältigen. „Haltelinien“ für Stellschrauben wie Sicherungsniveau, Beitragssatz und Regelaltersgrenze sind dabei nicht hilfreich.
Betriebliche Altersversorgung – ein Modell für alle?
Prof. Dr. Heinz-Dietrich Steinmeyer, Universität Münster
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Die Gesetzliche Rentenversicherung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung ist nicht in der Lage, allein eine flächendeckend ausreichende Alterssicherung sicherzustellen. Zur Verbesserung der Situation kommen verschiedene Maßnahmen in Betracht.
Die Zusatzversorgung ist ein auf Freiwilligkeit beruhendes System, bei dem
Die Zusatzversorgung ist vorwiegend in größeren Unternehmen verbreitet, nicht so sehr in KMUs und bei unteren Einkommensbereichen. Andererseits ist die Zusatzversorgung ein ausbaufähiges und sicheres System.
Bisherige Ansätze zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung:
Bewertung
Bisherige Anreize zünden nicht und haben die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung nicht entscheidend befördert.
Mögliche Modelle
Weiterentwicklung der privaten, kapitalgedeckten Vorsorge
Prof. Dr. Bert Rürup, Handelsblatt Research Institute
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Altersversorgung ist nur effizient im Kollektiv; Vermögensbildung ist keine Altersvorsorge.
Eine Mischung zwischen Umlage und Kapitaldeckung ist eigentlich das beste System, mit der gesetzlichen Rente als Basis – wie in den Niederlanden, der Schweiz oder Schweden.
Die Riester-Rente war überfällig, aber besser gemeint als gemacht. Auf ein, eigentlich erforderliches, Obligatorium wurde verzichtet. Stattdessen gilt das tendenziell von schlechteren Risiken abgeschlossene Freiwilligkeitsprinzip.
Wie kann es gelingen, die private Vorsorge zu puschen?
Wünschenswert wäre ein „Standard-Riester“ mit betrieblicher Vorsorge als Alternative. Eine mögliche verpflichtende Lösung müsste eine Opt-Out-Lösung beinhalten. Denkbar wären auch Vorsorgekonten, etwa mit einem höheren Aktienanteil für Jüngere bei weniger Volatilität für Ältere.
Gabriele Lösekrug-Möller, Vorsitzende der Rentenkommission
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Die Vorsitzende der Rentenkommission, Gabriele Lösekrug-Möller, stellte die Ergebnisse der Kommissionsarbeit vor.
Unter anderem sollte der Sozialbeirat zu einem vor allem aus Wissenschaftlern bestehenden Alterssicherungsbeirat weiter entwickelt werden. Dieser solle alle drei Säulen der Alterssicherung in den Blick nehmen und Empfehlungen geben, wann und in welcher Weise eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters denkbar wäre.
Es besteht Konsens zur gesetzlichen Rente als Kern der Altersvorsorge. Betriebliche und private Altersvorsorge haben sich jedoch bisher nicht zufriedenstellend entwickelt. Zu empfehlen ist die Einführung eines Standardvorsorgeprodukts.
Zur Weiterentwicklung des Rentensystems sind ein verbindliches Regelwerk, klar definierte Prozesse und Haltelinien sowie ein überschaubarer Zeitrahmen nötig.
Dr. Judith Kerschbaumer, ver.di Bundesverwaltung
Ralf Kapschack, SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag
Markus Kurth, Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Jana Schimke, CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag