"Deutschland braucht ein leistungsfähiges und effizientes System der sozialen Sicherung."

Interview Lutz Mühl, Geschäftsführer Wirtschaft und Sozialpolitik Bundesarbeitgeberverband Chemie – neues Mitglied der GVG

01.07.2025

Das GVG-Netzwerk lebt vom Austausch zwischen den Sozialpartnern. Seit diesem Jahr ist der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) Mitglied der GVG. Im BAVC werden die Interessen 10 regionaler Mitgliedsverbände mit 1.700 Unternehmen und 585.000 Beschäftigten gegenüber Gewerkschaften, Politik und Öffentlichkeit vertreten. Im Kurzinterview spricht Lutz Mühl, BAVC-Geschäftsführer für Wirtschaft und Sozialpolitik, über die Arbeit mit der Arbeitnehmerseite, Wünsche für die soziale Sicherung der Zukunft und Erwartungen an die GVG-Mitgliedschaft.

GVG im Gespräch: Herr Mühl, der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) ist der Spitzenverband der Chemie-Arbeitgeber in Deutschland. Der Verband vertritt die tarif- und sozialpolitischen Interessen seiner Mitglieder – was erhoffen Sie sich von einer Mitgliedschaft bei der GVG und wie wollen Sie sich einbringen?

Lutz Mühl: Als Chemie-Arbeitgeber bringen wir uns mit klaren Positionen und Ideen konstruktiv und lösungsorientiert in politische Debatten und den fachlichen Austausch ein. So wollen wir auch in der GVG mitarbeiten. Wir erleben die GVG als Netzwerk mit hoher fachlicher Expertise, nah an politischen Entscheidungsprozessen und als Gemeinschaft, die wesentliche Akteure rund um die soziale Sicherung zusammenbringt. Wir erwarten, dass wir inhaltlich vom Austausch in den Gremien profitieren und die Debatten dort zugleich mit den Erfahrungen unserer Branche bereichern können.

GVG im GesprächWelche Anforderungen und Wünsche hat der BAVC für die soziale Sicherheit von morgen, was tragen Sie ins das Netzwerk hinein?

Lutz Mühl: Deutschland braucht ein leistungsfähiges und effizientes System der sozialen Sicherung. Es ist Voraussetzung für sozialen Frieden, leistungsbereite und gesunde Beschäftigte, einen flexiblen Arbeitsmarkt sowie eine breite Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft. Das Sozialsystem muss so gestaltet sein, dass Arbeitsplätze in Deutschland international wettbewerbsfähig sind, Anreize für Leistungsbereitschaft gesetzt werden und die Kosten fair verteilt sind. Die wesentlichen Zielmarken - eine gute soziale Absicherung und wettbewerbsfähige Arbeitskosten - verfehlen wir jedoch bereits heute vielfach. Um diese Ziele zu erreichen, brauchen wir mutige politische Entscheidungen. Ohne weitreichende strukturelle Reformen werden wir weder die angestrebte Qualität erreichen noch die Finanzierung sicherstellen. Leistungen und Strukturen müssen deshalb fokussierter, transparenter und digitaler werden. Vor allem müssen wir den Beitragssatzanstieg stoppen. Ziel muss es sein, die Summe der Beiträge wieder unter eine Obergrenze von 40 Prozent zurückzuführen – auch wenn der Weg dorthin aktuell sehr weit erscheint.

GVG im GesprächSie haben den sozialen Frieden angesprochen: Was sind aus Ihrer Sicht die Faktoren für eine gute gelebte Sozialpartnerschaft?

Lutz Mühl: Wir setzen auf Sozialpartnerschaft, weil wir Interessenskonflikte mit der Gewerkschaft lösungsorientiert angehen und so für betrieblichen Frieden und wettbewerbsfähige Arbeitsbedingungen sorgen. Gemeinsam mit unserem Sozialpartner arbeiten wir zudem ständig daran, konstruktiv und zielgerichtet die gemeinsamen Interessen von Betrieben und Beschäftigten erfolgreich in politische Prozesse einzubringen. Dort, wo sich die Interessen unterscheiden, wird dies von beiden Seiten klar und transparent formuliert – auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt arbeiten wir daran, Lösungen und einen Ausgleich zu finden. Mit Blick auf den Gesetzgeber sollte dieser den Tarifpartnern mehr vertrauen und ihnen größere Spielräume geben, um innovative und passgenaue Lösungen schaffen und umsetzen zu können.

GVG im GesprächHerr Mühl, vielen Dank für das Gespräch!

Informationen zum Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC):

Der Bundesarbeitgeberverband Chemie ist der tarif- und sozialpolitische Spitzenverband der chemischen und pharmazeutischen Industrie sowie großer Teile der Kautschuk-Industrie und der kunststoffverarbeitenden Industrie. Der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) mit Sitz in Wiesbaden, Deutschland nimmt seit 1949 seine Aufgabe als tarif- und sozialpolitischer Spitzenverband der deutschen chemischen Industrie wahr. Kernaufgaben des BAVC sind der Abschluss von Tarifverträgen auf Bundesebene, die Koordinierung der Chemie-Tarifpolitik, die Weiterentwicklung der Personal- und Sozialpolitik sowie die Interessenvertretung gegenüber Staat und Gesellschaft. Mehr Informationen zum BAVC erhalten Sie hier

Das Interview führte David Schäfer (Referent für Sozialpolitik der GVG).